Resolution gegen eine Teilprivatisierung der Bahn

Kreisverband

Der SPD-Kreisvorstand Freudenstadt lehnt weiterhin jegliche Privatisierung der
Deutschen Bahn AG oder von Teilen davon ab und bekräftigt seinen entsprechenden Beschluss vom 2.4.2007.

Resolution des SPD-Kreisvorstandes Freudenstadt zur vorgesehenen Teilprivatisierung der Deutschen Bahn

(verabschiedet vom SPD-Kreisvorstand am 28.4.2008)

Der SPD-Kreisvorstand Freudenstadt lehnt weiterhin jegliche Privatisierung der
Deutschen Bahn AG oder von Teilen davon ab und bekräftigt seinen entsprechenden Beschluss vom 2.4.2007.

Er lehnt auch die von der SPD-Arbeitsgruppe “Bahnreform” als SPD-internen
Kompromiss vorgelegte Empfehlung zur Bahnprivatisierung ab, auch wenn nach der Aufteilung der DB AG entsprechend dem Holding-Modell in der Verkehrssparte
statt der ursprünglich vorgesehenen 49,9 % nur 24,9 % an institutionelle Großan-
leger veräußert werden sollen und der Infrastrukturausgleich zu 100 % in Staats-
besitz bleiben soll.

Die Mitglieder des Kreisvorstandes halten diesen Einstieg in eine Teilprivatisierung insbesondere aus folgenden Gründen für einen Irrweg:

1. Auch wenn nur 24,9 % der Verkehrssparte privatisiert werden sollen, werden
private Teilhaber auf eine “ordentliche” Rendite - längerfristig zumindest 10 %
drängen. Nach Auffassung von Fachleuten gilt jedoch nur ca. ein Drittel des
Fernverkehrsnetzes als “renditeträchtig”. Dies wird unweigerlich zu einem Rück-
zug der DB aus schwächer ausgelasteten Bahnstrecken führen. Bisher wurden
diese Strecken von den einnahmestärkeren Strecken mitgetragen. Unter dem
Druck,
die DB AG “börsenfähig”, d.h. letztendlich für mögliche Anleger ausreichend
attraktiv und profitabel zu machen, sind in den letzten Jahren zunächst
beginnend mit der Einstellung des Interregios, später der Reduzierung des IC-
Verkehrs etliche
größere Städte und Regionen vom Fernverkehr abgehängt worden und
zusätzlich weitere Städte von einer verschlechterten Anbindung betroffen.
Bereits heute ist das Fernverkehrsnetz in Deutschland wesentlich weniger eng
wie vor der Bahnreform 1993. Unter dem Renditedruck privater Investoren wird
diese Entwicklung zunehmen.
Weil es sich hierbei zumeist um weniger attraktive Verbindungen
handelt und vor allem auch angesichts der für einen attraktiven Bahnverkehr not-
wendigen Vernetzung und Vertaktung werden private Anbieter diese Lücke nicht
einmal teilweise ausfüllen können.

2. Weiterhin werden jährlich Zuschüsse des Bundes in Höhe mehrerer Milliarden
Euro für die Infrastruktur und weitere Milliarden an so genannten Regionali-
sierungsmittel zur Bestellung des Regional- und Nahverkehrs durch die Länder
notwendig sein. Angesichts der Struktur der DB, entsprechend dem
vorgesehenen Holdingmodell, lässt sich eine Querfinanzierung und damit
letztlich eine staatliche Subventionierung privater Gewinne nicht ausreichend
und vor allem sicher unterbinden.
Auch bei einer nur zu 24,9 % privatisierten Verkehrssparte
wird der Renditedruck durch private Investoren dieser DB-Tochtergesellschaft
sich im Sinne des Gesamtkonzerns letztendlich auf die Lenkung der Mittel der
Infrastrukturholding niederschlagen und zu einer Vernachlässigung weniger
rentabler und attraktiver Strecken und damit insbesondere des ländlichen
Raumes führen.

3. Auch wenn führende Sozialdemokraten diesen Privatisierungsanteil der
Verkehrssparte von 24,9 % als nicht “disponibel” oder als “Demarkationslinie”
bezeichnen und damit eine weitergehende Privatisierung derzeit ausschließen
sehen wir die große Gefahr, dass dieser Schritt nur ein erster Einstieg in eine
weiter gehendere Privatisierung bedeutet insbesondere bei einer Regierungs-
konstellation unter Ausschluss einer Regierungsbeteiligung mit SPD. Als
Sozialdemokraten fänden wir es geradezu tragisch, wenn die SPD als “Büchsen-
öffner” für eine Privatisierung eines Kernbereichs staatlicher Daseinsfürsorge
dienen würde.

4. Die, bei dem jetzt getroffenen Kompromiss zu erwartenden Einnahmen von ca.
3 bis 5 Milliarden Euro, stehen in keinem Verhältnis zum Gegenwert und vor
allem auch zu den damit verbundenen Gefahren. Zur Sicherung wichtiger
Zukunftsaufgaben käme laut den meisten unabhängigen Experten eine
Bedienung am Kapitalmarkt für die weiterhin staatliche Deutsche Bahn wesentlich
günstiger. Zudem könnte die Bahn - wie anerkannte unabhängige Fachleute
nachgewiesen haben - bei Berücksichtigung von alternativen, kostengünstigeren
Planungen bei ihren geplanten Großvorhaben wie Stuttgart 21, Neubaustrecken
Erfurt - Halle - Leipzig und Nürnberg - Ebersfeld - Erfurt, Ausbau Dresden -
Berlin etc. eine zweistellige Milliardensumme an Euro einsparen.

Die SPD hat auf ihrem Hamburger Parteitag im Herbst 2007 festgelegt:

1. “Kernbereiche öffentlicher Daseinsvorsorge wollen wir nicht den
Renditeerwägungen globaler Kapitalmärkte aussetzen”(SPD-Grundsatz-
Programm S.32)
2. “Private Investoren dürfen keinen Einfluss auf die Unternehmensführung
ausüben. Zur Erreichung dieses Ziels stellt die stimmrechtslose Vorzugs-
aktie die geeignete Form dar…” und “…eine andere Beteiligung privater
Investoren lehnen wir ab.” (Initiativantrag 6: “Für eine Bahn mit Zukunft”)

Gerade aber mit dem jetzt vorliegenden Entwurf werden stimmberechtigte Aktien
an private Investoren ausgegeben. Diese können damit nicht nur Einfluss auf die
Unternehmensführung der Tochtergesellschaft Verkehr und Logistik, sondern auch
auf die geplante Gesamt-Holding nehmen. Die vorliegende Empfehlung des
“Arbeitskreises Bahnreform” widerspricht deshalb vollständig diesen Beschlüssen
des Hamburger Parteitages.

Deshalb fordert der SPD-Kreisvorstand Freudenstadt den SPD-Parteivorstand, die SPD-Bundestagsfraktion und den Bundesverkehrsminister auf, eine Teilprivatisierung der Bahn abzulehnen. Wir fordern entsprechend der Beschlusslage des Hamburger Parteitages zu diesem Thema einen baldigen Sonderparteitag einzuberufen.

Statt einer einseitigen Ausrichtung an Kapital- und Renditeinteressen brauchen wir eine Bahn, die ihrem Versorgungs- und Sicherstellungsauftrages hinsicht-
lich der notwendigen Infrastruktur wieder gerecht wird. Gerade angesichts der
bekannten klima- und umweltpolitischen Erfordernisse brauchen wir einen flächendeckenden vernetzten und vertakteten Ausbau des Schienenverkehrs und des Schienennetzes sowohl im Fern- und noch mehr im Nahverkehr. Dazu ist
nicht nur eine Ablehnung jeglicher Privatisierung - also auch von Teilbe-
reichen - der Bahn zwingend notwendig. Der Bund muss zudem als bisheriger und notwendigerweise auch zukünftiger Alleineigentümer eine deutliche Änderung der bisherigen Bahnpolitik in die vorgenannte Richtung durchsetzen.

 

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