Mietrecht ohne Sprengstoff

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Landtagskandidaten wollen keine gravierende Änderung des Mietrechts
Der Diskussionsabend „Von Mietwucher bis Mietnomaden“ am Donnerstag bot wenig parteipolitischen Sprengstoff. Das Thema lockte viele Zuhörer ins „Kloster“.

Muss es Änderungen im Mietrecht geben? Diese Frage wurde bei der gemeinsamen Veranstaltung des Mieterbunds und der Eigentümervertretung Haus&Grund beleuchtet. Die vier Landtagskandidaten Norbert Beck (CDU), Dr. Timm Kern (FDP), Cihan Polat (Bündnis 90/Die Grünen) und Axel Lipp (SPD) diskutierten mit. Mitunter zerflossen die parteipolitischen Grenzen und die Thematik schien nur bei den Moderatoren Alexander Guhl (Deutscher Mieterbund, Landkreis Freudenstadt) und Hans- Michael Langner (Haus&Grund) ein Interessenschwerpunkt zu sein.

So mühten sich vier Landtagskandidaten mit zwei Juristen aus zwei unterschiedlichen Interessenlagern am Mietrecht ab – und blieben bedauerlicherweise auch manche Antwort schuldig. Eine thematische Einführung ins mitunter komplizierte Mietrecht wäre hilfreich gewesen. Mietrecht ist Bundessache. Die beiden Interessenverbände hielten das Thema im Landtagswahlkampf trotzdem für podiumstauglich. „Mietwucher und Mietnomaden“, beides sind Extremsituationen in Mietverhältnissen. Und Mietwucher zum Glück, da war man sich einig, kein Thema in Horb. Anders ist es mit Mietnomaden. Erst kürzlich hat die SÜDWEST PRESSE von einem Fall berichtet, bei dem Mietnomaden ein Haus innerhalb weniger Monate unbewohnbar gemacht haben. Doch kommt man diesem Problem mit einer Angleichung der Kündigungsfristen von Mietern (drei Monate) und Vermietern (neun Monate) bei? Eher nicht, war die überwiegende Meinung der Zuhörer, darunter viele Immobilienbesitzer. Sie kritisierten vielmehr das langwierige rechtliche Verfahren, wünschten sie das schnellere Erlangen von Rechtstiteln um Mietnomaden los zu werden, also mehr Personal bei Gerichten.

„Neue Stellen bedeuten auch neue Mittel“, sagte Norbert Beck – eine Abfuhr also für diesen Bürgerwunsch. Mehr Personal sei bei den anstehenden Sparmaßnahmen eher unwahrscheinlich. Er sagte auch: „Wir haben ein gutes Mietrecht“.

Timm Kern: „Wir brauchen keine Mietrechtsverschärfung.“ Allerdings sollte das Problem Mietnomaden schneller gelöst werden können. Seine Partei, die FDP, sei dem Schutz des Eigentums verpflichtet. Kern bezog klar Position für die Vermieter. Ihre Position gelte es zu stärken, wenn man mehr Vermietungen wolle. Wenn die Politik fordere fürs Alter vorzusorgen, dürfe sie denen, die in Immobilien investieren, nicht das Leben schwer machen. In der Vergangenheit sei die Rechtsposition der Mieter gestärkt worden, jetzt seien die Vermieter dran.

Cihan Polat: „Ich sehe keinen dringenden Handlungsbedarf, das Mietrecht zu harmonisieren, solange die Amtsgerichte überlastet sind.“ Und die verhältnismäßig geringen Fälle der Mietnomaden sollten nicht als Vorwand dienen, „unser soziales Mietrecht zu demontieren“. Axel Lipp hielt das jetzige Kündigungsrecht für ausreichend. Wer zwei Monate keine Miete erhält, habe eine rechtliche Handhabe. Er riet Vermietern Auskünfte über Mieter einzuholen (Schufa, Kreditreform, Auskunfteien) „Durch gute Vorsorge“ solle der Vermieter Schaden abwenden.

Ein Thema, das die Mehrheit der Zuhörer stärker betraf, war die energetische Sanierung. Unter den Landtagskandidaten bestand Konsens: Die energetische Sanierung und Modernisierung sind etwas Gutes. Strittig war, ob dem Mieter während der Sanierungszeit ein Mietminderungsrecht zukommt und ob das formale Prozedere vereinfacht werden soll.

Axel Lipp: Wenn die Sanierungskosten auf Mieter umgelegt werden können, müsse der Mieter auch ein Minderungsrecht haben. Wenn der Mieter die Sanierung mitbezahlt, müsse der Sanierungsvorgang transparent sein. Allerdings müssten die Förderinstrumente ausgebaut werden. Der Sonderabschreibungsparagraf sollte reaktiviert werden.

Cihan Polat sah bei der energetischen Sanierung deutliche Vorteile für Wirtschaft, Arbeitsplätze und eine geringere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Allerdings fragte er auch, welche Motivation ein älterer Vermieter hat, wenn er die Amortisation vielleicht gar nicht mehr erlebt.

Timm Kern hielt die energetische Sanierung wegen des Klimawandels und der Verantwortung für die Schöpfung für ein Muss. Wenn Mietminderungen möglich sind, entzieht dies dem Vermieter Einkünfte. „Das passt nicht zusammen.“ Man müsse Anreize schaffen. „Das, was der Mieter am Kosten spart, darf sich der Vermieter abholen.“

Norbert Beck setzte auf das Prinzip fördern und fordern. Ausgerechnet im Mietrecht das Minderungsrecht abzuschaffen, konnte er nicht nachvollziehen. Da war der CDU- Politiker nahe bei Axel Lipp (SPD) und wie Polat sah er eine Win- win- Situation für Wirtschaft, Beschäftigte und die Umwelt.

Letztes Thema: Kommunaler Wohnungsbau und der Verkauf von 24 000 LBBW- Wohnungen. Der Verkauf der LBBW- Wohnungen sei der Finanzkrise und einem „geänderten Geschäftsmodell“ der Bank geschuldet. Man könne sich darauf verlassen, dass das Land ein „soziales Gewissen“ habe, sagte Norbert Beck. Timm Kern möchte, dass die Wohnungen nicht an Großinvestoren sondern an Mittelständler verkauft werden. Cihan Polat will, dass Städte ein Vorkaufsrecht erhalten. Axel Lipp forderte höhere Investitionen in den kommunalen Wohnungsbau.

15.01.2011 - 08:30 Uhr Quelle Neckar Chronik Lachenmaier

 

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